Mit inneren Bildern schärfer sehen

Mann steht vor einem See im Gebirge und schaut in die Ferne. Man sieht seinen Rücken.

Immer wieder bin ich begeistert, was Dr. Wiliam H. Bates vor 130 Jahren entdeckt hat. „Brillen sind nicht die Lösung“, das beschäftigte ihn als New Yorker Augenarzt. Wie wichtig innere Bilder sind, wird in diesem Artikel aus dem März 1924 besonders deutlich. Ich weiß, dass das Konzept dahinter oft erst mal zu Verwirrung führt. Vor allem, weil so wenig darüber gesprochen wird, dass der Sehsinn eben auch die innere Vorstellungskraft braucht. Meine Anmerkungen zum Artikel und den Bezug zu heute kannst Du unter dem Artikel lesen.

Original Artikel – Innere Bilder von Dr. William H. Bates

Viele Patienten mit unzureichendem Sehvermögen klagen darüber, dass sie, wenn sie die Augen schließen, um sich eine weiße Karte mit schwarzen Buchstaben zu merken, in der Regel scheitern und sich stattdessen an eine schwarze Karte mit weißen Buchstaben erinnern. Die Sehkraft dieser Patienten verbessert sich sehr, wenn sie in der Lage sind, sich eine weiße Karte weiß zu merken, wobei die schwarzen Buchstaben vollkommen schwarz sind.

Ein unvollkommenes Gedächtnis, eine unvollkommene Vorstellungskraft und ein unvollkommenes Sehvermögen werden alle durch die Anspannung verursacht.

Ein Patient konnte sich nicht an ein weißes Kissen erinnern, aber indem er zuerst das Kissen betrachtete und eine Ecke am besten und alle anderen Ecken am schlechtesten sah und sich von einer Ecke zur anderen bewegte, konnte er sich, wenn er die Augen schloss, an eine Ecke nach der anderen am besten erinnern und erhielt ein gutes geistiges Bild des ganzen Kissens. Ohne zentrale Fixierung kann man ein Kissen nicht perfekt sehen. Die zentrale Fixierung erfordert Entspannung oder Ruhe.

Ein Patient, der sich nicht an den großen Buchstaben C auf der Snellen-Testkarte erinnern konnte, konnte sich mit geschlossenen Augen an die Farben einiger Blumen erinnern, und dann war er in der Lage, sich an den Buchstaben C zu erinnern. Dies ist eine Entspannung, die hilft, sich an das gewünschte geistige Bild zu erinnern. Es ist gut, sich vor Augen zu halten, dass man sich nicht gleichzeitig an eine Sache perfekt und an etwas anderes unvollkommen erinnern kann.

In meinem Buch wird der Fall einer Frau mit unvollkommener Sehkraft beschrieben, die sich mit geschlossenen Augen perfekt an eine gelbe Butterblume erinnern konnte, aber mit geöffneten Augen und mit Blick auf die Snellen-Karte mit unvollkommener Sehkraft hatte sie keine Erinnerung an die gelbe Butterblume.

aus dem Englischen übersetzt, Überschrift des Original Artikels: Mental Pictures

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Meine Anmerkung zum Artikel

Was Du Dir nicht vorstellen kannst, kannst Du auch nicht sehen. Schon gar nicht scharf. Unser innerer Bildspeicher wird am Anfang unseres Lebens stetig gefüllt. Deshalb betrachtet ein Baby die Dinge ganz genau, fühlt und begreift, im Sinne des Wortes. Die inneren Bilder im Bildspeicher des Gehirns werden immer mehr. Nach und nach lernt es dann auch Namen für die Dinge. Der Bildspeicher bekommt zu jedem Bild einen Aufkleber mit Bezeichnung dazu.

Der Teil im Gehirn, der den Bildspeicher beherbergt, ist übrigens viel älter als der Textspeicher. Bilder bringen die Botschaft blitzschnell zu uns. Text dauert manchmal etwas.

Dr. Bates hat in diesem kurzen Artikel aus dem Better Eyesight Magazin sehr schöne Beispiele für innere Bilder erwähnt.

Probiere das 1. Beispiel zu innere Bilder einfach selbst aus

Schließe die Augen und stelle Dir eine weiße Karte mit schwarzen Buchstaben vor.

Wichtig: Atme jede etwaige Anspannung gleich durch langes Ausatmen weg. Anspannung hilft nicht, auch Konzentration nicht. Lass die Vorstellungskraft ganz alleine wirken.

Konntest Du Dir die weiße Tafel mit den schwarzen Buchstaben vorstellen? Natürlich freue ich mich über Deinen Kommentar unter dem Artikel und bin neugierig, was Du als inneres Bild gesehen hast.

In meiner Praxis üben wir gerade bei Altersweitsichtigkeit mit einer Nahlesetafel. Der Klient hält das Blatt in der Hand und schaut sich einen Buchstaben in einer Entfernung, in der er den Buchstaben scharf sieht, an. Dann schließt er die Augen und stellt sich den Buchstaben innerlich scharf vor. Oft gelingt dies nicht. Nach einigen Wiederholungen wird es oft schon besser. Die inneren Bilder, die Vorstellungskraft, gehören zum Sehtraining. Sehtraining setzt im Gehirn an, an den Gehirnmustern, die Dein Sehsinn in seiner Entwicklung als junger Mensch gelernt hat und die im Gehirn dafür angelegt sind. Durch Wiederholung von Übungen werden diese Gehirnmuster mit neuen Wegen überschrieben. So kannst Du Dein Sehen nachhaltig verändern. Wenn Du das Wort üben nicht magst, dann nenn es spielen. Kinder spielen ständig, um ihr Gehirn zu entwickeln. Warum solltest Du als Erwachsener also nicht spielerisch an eine Veränderung herangehen?

Innere Bilder und die Vorstellungskraft sind ein sehr spannendes Thema im Augen- und Sehtraining. In unserer von Bilder überfluteten Welt kommen die inneren Bilder oft zu kurz. Dazu braucht es Muße und auch mal nichts tun.

Lass mir gerne einen Kommentar da, wie Dir der Artikel gefallen hat.

Link zum Podcast und zur Better Eyesight League

Das ganze Magazin aus dem März 1924 kannst Du Dir in diesem Podcast vom März 2024 anhören: https://www.bettereyesightpodcast.com/ Esther Joy van der Werf und Gloria Ginn besprechen die enthaltenen Artikel in Bezug zu heute.

Die Better Eyesight League wurde im Jahr 2020 neu gegründet. Hier kannst Du beitreten: https://www.patreon.com/bettereyesight/ Als Mitglied kannst Du die ganze Folge hören und auch herunterladen, bekommst die pdf-Datei des Magazins und kannst am monatlichen Zoom-Treffen der League teilnehmen.

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